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bonify-CEO Andreas Bermig: „Mehr Daten führen zu mehr Fairness“

Er war Manager bei Zalando, hat 2015 bonify gegründet und 2022 an die SCHUFA verkauft: Andreas Bermig ist Geschäftsführer und hat noch Großes vor. Was ist seine Mission? Was treibt ihn an? Im Interview spricht er über die Demokratisierung der Daten und warum die Bedürfnisse der Nutzer:innen der Kern seines Geschäftsmodells sind.

SCHUFA: Andreas Bermig, warum hast Du bonify gegründet?

Andreas Bermig: Es gab zwei wesentliche Gründe. Nach der Finanzkrise 2008, 2009, gab es in Berlin eine extrem coole Start-up-Phase. Ich habe in dieser Zeit bei Zalando gearbeitet und dachte mir nur: Ich will auch gründen! Der zweite Grund war die Idee meines Gründerfreundes Gamal Moukabary, der bei einer kleinen Berliner Auskunftei gearbeitet hat. Da kam die bonify-Idee auf. Er sagte: Das Auskunfteien-Geschäft in Deutschland ist total spannend, weil es damals noch so archaisch betrieben wurde.

Was meinst Du mit archaisch?

In den USA war zur damaligen Zeit, also in den 2010er Jahren, das Auskunfteien-Geschäft schon komplett Endkunden-zentriert – in Deutschland, in Europa eben noch nicht. Wir haben gesagt: Dieser Kunden-Fokus muss doch hier auch funktionieren. Es kann nicht sein, dass der Endkunde vollkommen ausgespart wird, obwohl im Hintergrund über ihn Daten gespeichert und verarbeitet werden. Dann haben wir gesagt: Lass uns das machen!

Ihr habt eine große Lücke im bestehenden Geschäft für bonify gesehen. Wie sah die aus?

Drei Punkte: Für unsere Gründung war erstens zentral, dass die Kund:innen die Hoheit über ihre Daten zurückbekommen. Hinzu kam zweitens die Debatte um die Datenschutzgrundverordnung. Die war im Gründungsjahr 2015 in vollem Gange und es war klar, dass sich die Regulatorik entscheidend verändern wird. Zum Vorteil der Kund:innen.

Und der dritte Punkt?

Beim dritten Punkt war Deutschland der Zeit lustigerweise einmal voraus: Denn es hat in einer doch eher fragmentierten Bankenlandschaft schon früh die Möglichkeit gegeben, das Bankkonto zu verbinden und auszulesen. Es gab also früh so etwas wie Openbanking. Diese Punkte bedeuteten für unsere Gründungsidee: Das Auskunfteiengeschäft wird sich komplett verändern.

Zur Person: Andreas Bermig

Andreas Bermig ist einer von drei Gründern und Geschäftsführer von Bonify. Er hat VWL und BWL in Witten studiert und in Austin, Texas seinen MBA gemacht. Promoviert hat er zum Thema Board-Strukturen in Dax-Konzernen und der Frage: Welchen Einfluss hat die Zusammensetzung des Aufsichtsrats auf die Ergebnisse des Unternehmens? Er arbeitete danach fünf Jahre lang als Unternehmensberater bei McKinsey, ehe er bei Zalando einstieg. Dort verantwortete er das Sport-, Premium-, Kinder- und Unterwäschegeschäft und damit etwa ein Drittel des Konzernumsatzes. 2015 gründete er bonify. 2023 hat die Schufa bonify gekauft. Andreas Bermig bleibt Geschäftsführer des Fintechs mit Sitz in Berlin.

Es gab Endkunden, die außen vorgelassen wurden. Es gab eine Regulatorik, die sich grundlegend verändert hatte. Und es gab Openbanking, mit dem ganz neue Datenquellen erschlossen wurden. Aber was war jetzt das Neue Eures Angebots?

Der Prozess, sich über seine Bonität zu informieren, war analog, dauerte irre lang und kostete meistens auch noch. Wir aber hatten ein Angebot, mit dem eine Bonitätsauskunft auf einmal kostenlos, digital, 24/7 und innerhalb einer Minute einsehbar war. Das war komplett neu. Und bei uns konnte man das Bankkonto schon von Anfang an hinzufügen. Das hatte zwei wichtige Dimensionen: Mit den Kontodaten konnten wir zum einen jeden eindeutig identifizieren, was bei so sensiblen Daten viel Vertrauen bei den Verbraucher:innen schafft. Und der Kontoeinblick ermöglichte es uns zum anderen die Bonität der Nutzer:in holistisch zu betrachten.

Holistisch? Hast Du ein Beispiel?

Der Nummer 1 Use Case im Bonitätsverfahren ist die Kreditvergabe. Dominant ist dabei der Konsumentenkredit. Eine Bank schaut im ersten Schritt fast immer auf die Bonität, die sie in fast allen Fällen von der SCHUFA bekommt. Im zweiten Schritt werden aber noch Daten aus dem Bankkonto betrachtet. Da blicken die Banken immer auf das Nettoeinkommen: Was sind deine regelmäßigen Einnahmen und Ausgaben? Hast du Rücklastschriften? Bist du im Dispo – und wie sehr? Mit der Kombination dieser beiden wichtigen Datenquellen – Bonität und Bankkonto - konnten wir bei bonify den Nutzer:innen sehr genau sagen: Damit bekommst du einen Kredit und mit welchen Konditionen – oder probier‘ es erst gar nicht, sondern kümmere dich besser um deine Finanzen. Diesen Service haben wir als erstes geliefert.

bonify hat mit diesem Service gleichzeitig einen hehren Anspruch vor sich hergetragen: Du hast einmal die Mission von bonify beschrieben mit – „das finanzielle Leben der Menschen ganzheitlich zu verbessern“. Ihr sprecht von der Demokratisierung der Daten. Woher kommt dieser Anspruch?

Ja, den Anspruch haben wir: Die Verbraucher:innen müssen wissen, was mit ihren Daten passiert – und diesen Prozess aktiv beeinflussen können. Wobei uns schon klar ist, dass man das nicht überhöhen darf. Niemand wacht auf und der erste Gedanke ist: „Hurra, jetzt greif‘ ich zu meinem Handy und verbessere meine Bonität!“

Nein?

Nein. Zuerst tiktok oder bonify? Ihr kennt die Antwort. Aber trotzdem muss man es hinkriegen, dass die Nutzer:innen verstehen, dass es für sie ein relevantes Thema ist – und nicht erst, wenn es zu spät ist. Also mach es ihnen so einfach und simpel wie möglich, die Daten zu bekommen. Das war immer unser Anspruch. Demokratisierung von Daten heißt schlicht: Es sollte heutzutage normal sein, dass jede und jeder Einsicht in die eigenen Daten haben sollte, die über einen gespeichert sind. Oder?

Ja. Das steht in der Datenschutzgrundverordnung.

Die Daten müssen transparent sein. Und man muss wissen, was sie für das eigene Leben bedeuten.

Jetzt hast Du Dein Unternehmen an die SCHUFA verkauft. Ganz ehrlich: Fällt es nicht schwer, erst zu gründen und dann sieben Jahre später sein eigenes Baby abzugeben?

Nein, das tut nicht weh. Der Verkauf ist eine Bestätigung dafür, dass man ein Produkt geschaffen hat, das am Markt begehrt ist. Und zwar vom Marktführer, der in unser Produkt investieren und weiter wachsen will. Es gibt eben verschiedene Blicke auf das Start-up-Leben. Wir glauben sehr stark an das, was wir hier machen. Wir brauchen aber die richtigen Daten, um zu helfen. Von Anfang an war unser Ziel: Wir brauchen den SCHUFA-Score für bonify! Wir kooperieren mit Boniversum…

… einer Auskunftei…

…und sind mit ihnen auch sehr glücklich. Aber wenn wir in allen Bereichen des Wirtschaftslebens die Relevanz haben wollen, benötigen wir auch den SCHUFA-Score. Vor allem im Bereich der Kreditvergabe. Mit den SCHUFA-Daten hat der Kunde eine hohe Verlässlichkeit, dass unsere Nutzer:innen eine Kreditkarte, ein Bankkonto, eine Immobilie bekommen. Deshalb fällt ein Verkauf auch nicht sonderlich schwer.

Was ist das Besondere an den Daten der SCHUFA?

Die SCHUFA-Daten sind beim entscheidenden Vorgang in der Finanzwelt die besten – bei der Kreditvergabe. Die SCHUFA hat entsprechend die relevantesten Daten und ist daher unangefochtener Marktführer. Und es sind die relevantesten Daten in großen Wirtschaftsbranchen. Nehmen wir den Bereich von Positivmerkmalen, also Informationen beispielweise zu bezahlten Krediten, da gibt es nichts Vergleichbares am Markt.

Wie haben eure Nutzer:innen auf den Verkauf reagiert? Haben die gesagt: Darauf habe ich nicht gewettet?

Mit der Integration des SCHUFA-Scores reagieren wir auf das Bedürfnis vieler Nutzer:innen. Die haben bemängelt: „Ihr habt ja gar nicht den Schufa-Score.“ Ich glaube, die ersten Reaktionen wird es geben, wenn wir in der Bonify-App den kostenlosen und schnellen Einblick in den SCHUFA-Score anbieten. Und sie werden positiv sein.

Demokratisierung von Daten heißt auch mehr Selbstbestimmung im Umgang mit den eigenen Daten. Was haben Verbaucher:innen davon, selbst mehr Daten zur Verfügung zu stellen?

Es geht im Wirtschaftssystem unter anderem darum, faire Vertragsabschlüsse hinzubekommen. Wenn wir alle über einen Kamm scheren würden, dann würden wir alle 15 Prozent Zinsen zahlen. Das wäre unfair gegenüber denen, die auf ihre Bonität achten. Mehr Daten führen prinzipiell zu mehr Fairness. Und dann gibt es die False Negatives.

Was heißt das?

Jemand wird bei einer Kreditvergabe abgelehnt, obwohl er solvent ist. Warum? Weil der Schufa-Score von manchen Banken als eine Art Gatekeeper verwendet wird, vor allem, wenn die Person Zahlungsstörungen hat oder hatte. Ich schaue mir also die Person an und sehe, dass sie vor zwei Jahren mal eine Rechnung nicht bezahlt hat. Ich schaue mir also die Person an und sehe, dass sie vor zwei Jahren mal eine Rechnung nicht bezahlt hat. Vielleicht weil sie schusselig war. Und was würde passieren, wenn ich Kontodaten hinzuziehen könnte? Dann wird die Risikoeinschätzung viel genauer und schließt solche False Negatives wieder ein in die Finanzwelt. Die Person kann den Beweis mit mehr Daten erst antreten, wenn es eine Unstimmigkeit gibt.

Das ist der Plan von bonify.

Genau. Im ersten Schritt bekommt man Einblick in seinen SCHUFA-Score. Aber Ziel ist es, dass man diesen aktiv beeinflussen kann. Mit Daten, die den Schufa-Score anreichern und besser machen – da sind wir wieder bei den Kontodaten. Ein Thema ist auch: Wie lange werden Daten gespeichert? Die SCHUFA muss Daten nach bestimmten Fristen löschen…

…darauf hat sie sich verpflichtet…

Klar. Aber die Löschung eliminiert die positive Wirkung dieser Information auf die Bonität. Das versteht doch keiner. Warum soll man Nutzer:innen verweigern, diese Information – etwa einen abbezahlten Hauskredit – wieder zu aktivieren bzw. zu behalten! Mehr Daten führen für das Gros der Menschen zu einer besseren Bonität und damit einer faireren Verteilung von Risiken. Ich möchte doch zeigen, dass ich positiv dastehe und über die Maße kreditwürdig bin. Das kann man mir doch nicht verwehren!

Was sind die nächsten Schritte?

Wir arbeiten in mehreren Schritten an einem System, den eigenen Score transparant zu machen und verändern zu können. Der erste Schritt ist dabei, den eigenen SCHUFA-Score digital jederzeit abrufbar zu machen. Durch die App.

Und wie kann ich als bonify-Nutzer:in dann meinen Score verbessern?

Dafür braucht es zwei Entwicklungen: Ich muss in der App testen können, ob sich meine Bonität überhaupt verbessert, wenn ich bestimmte Merkmale verändere. Wenn das der Fall ist, kann ich diese Zusatzdaten auch proaktiv melden. Ab dann sitzt der Kunde in seinem eigenen Datencockpit.

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