Lassen Sie uns auf die organisatorischen Herausforderungen blicken – von welchen Dimensionen sprechen wir hier überhaupt?
Die Special Olympics World Games sind in Deutschland logistisch die größte Sportveranstaltung seit den Olympischen Spielen 1972. Wir haben 26 Sportarten, bei denen insgesamt 7.000 Athlet:innen aus fast 190 Ländern antreten. Wir erwarten 16 Staatsoberhäupter beziehungsweise First Ladies und 70 Minister aus 70 Ländern. Rund 18.000 Volunteers unterstützen uns in Berlin. Zum Vergleich: während der Fußballweltmeisterschaft 2006 waren nur 13.500 Volunteers im Einsatz. Hinzu kommen die vielen Events, mit denen wir neben den sportlichen Aktivitäten auch kulturell sehr breit aufgestellt sind. Es war uns zudem wichtig, für die Weltspiele von Anfang an das ganze Land einzubinden. Wir konnten 217 Kommunen für unser Host Town Programm gewinnen. All dies gab es in Deutschland seit 1972 so nicht mehr.
Wir müssen auch über Politik sprechen. Bei den Special Olympics World Games wird Russland nicht am Start sein…
Natürlich handelt man bei der Organisation eines solchen Events politisch. Wir haben sehr emotionale Diskussionen geführt, als es um den Ausschluss von Russland und Belarus ging. Wir können aber keiner ukrainischen Athletin, keinem ukrainischen Sportler zumuten, in der aktuellen Situation neben einem russischen Teilnehmer an den Start zu gehen. Das heißt aber nicht, dass in den Ländern die Förderung des Sports für Menschen mit geistiger Behinderung eingestellt wird. Da arbeiten die Organisationen national weiter.
„Mit der Kraft der Weltspiele können wir vor Ort wirklich etwas verändern.“ - Sven Albrecht
Was erhoffen Sie sich von den Weltspielen?
Wir wollen unsere Gesellschaft inklusiver gestalten. Unser Schwerpunkt liegt dabei nicht nur auf dem Sport, sondern auch in den Bereichen Kultur, Gesundheit und Arbeit. Hier wollen wir einen Beitrag leisten.
Wie kann das gelingen?
Aufmerksamkeit schaffen, Begegnungen möglich machen und Netzwerke aufbauen! Konkret: Die Weltspiele helfen uns, Schweinwerfer auf das Thema Inklusion zu richten. Mit unserer Medienallianz können wir eine Präsenz schaffen, die es bislang bei Special Olympics nie gab. Damit haben wir aber noch nicht alle Köpfe erreicht. Dazu müssen wir Begegnungen zwischen Menschen mit und ohne Behinderung schaffen – in Berlin und den Kommunen. Teilhabe und Inklusion entscheidet sich immer vor Ort. Deswegen ist es uns wichtig, Netzwerke mit den Kommunen zu installieren. Damit diese sich dafür einsetzen, mehr Sportangebote für Menschen mit geistiger Behinderung zu schaffen.
Ist der Sport beim Thema Inklusion schon weiter als der Rest der Gesellschaft?
Aus meiner Sicht spiegelt der Sport die Situation in der Gesellschaft wider. Nur acht Prozent der Menschen mit Behinderung haben Zugang zu Sportangeboten. Information und Bildung sind hier der Schlüssel: Wenn wir es schaffen, Trainer fortzubilden und Netzwerke zwischen Vereinen und Organisationen der Behindertenhilfe zu schaffen, kann Veränderung entstehen. Insofern: Ja, der Sport hat Kraft, aber es gibt auch hier noch viel zu tun.