Abiturfeiern fielen aus, Reisen war kaum möglich und zwischenmenschliche Kontakte reduzierten sich auf ein Mindestmaß: Die Jugend hat unter Corona besonders stark gelitten. Und der Krisenmodus hält an: Den Klimawandel nimmt die junge Generation als große Bedrohung für ihr Leben und ihre Zukunft wahr. Und der Krieg in der Ukraine löst bei vielen Sorgen und Ängste aus. Diese Krisen hinterlassen Spuren auch im Umgang mit Finanzen – sie machen die junge Generation vorsichtig und selbstreflektiert.
Zu diesem Ergebnis kommt der aktuelle SCHUFA Jugend-Finanzmonitor: Die jungen Menschen denken und handeln teilweise sogar rationaler und konservativer als ihre Elterngeneration. So liegen die 16- bis 25-Jährigen in ihren Einstellungen zum Umgang mit Geld bei vielen Antworten nahezu gleichauf mit den befragten Erwachsenen: 98 Prozent beider Vergleichsgruppen sind der Meinung, dass ein finanzielles Polster wichtig sei, um im Notfall vorbereitet zu sein. Dass regelmäßiges Sparen wichtig ist, finden 96 Prozent der jungen Befragten und 94 Prozent der Erwachsenen. Mit 94 Prozent achten sogar mehr junge Menschen darauf, dass ihr Konto nicht ins Minus rutscht, als Erwachsene (88 Prozent). Bei der Aussage, dass sie ihre Rechnungen pünktlich zahlen, stimmen die Erwachsenen mit 97 Prozent allerdings stärker zu als die jungen Menschen mit 91 Prozent.
Ein weiterer Unterschied besteht bei der Handhabung der monatlichen Ausgaben – hier sagen deutlich mehr Erwachsene (64 Prozent), dass sie ganz genau planen, wofür sie im Monat ihr Geld ausgeben, als dies bei den jungen Befragten der Fall ist (48 Prozent). Beim Thema Ratenkredit hingegen ist die junge Generation wiederum vorsichtiger: Während 53 Prozent der Erwachsenen Ratenkredite als gute Möglichkeit betrachten, größere Anschaffungen zu finanzieren, stimmen nur 35 Prozent der jüngeren Befragten dieser Aussage zu.

Einstellungen zum Thema Finanzen - Generationenvergleich; Angaben in Prozent
Junge Menschen reagieren vorsichtig und vernünftig auf Krisen
Warum sind die jungen Menschen so konservativ wie ihre Eltern? Ist die Jugend nicht eigentlich die Zeit der Rebellion gegen elterliche Werte und Konventionen? „Der Dauerkrisenmodus trägt dazu bei, dass die jungen Menschen im Umgang mit Geld vorsichtig und vernünftig denken und handeln”, sagt Dr. Carmela Aprea. Sie ist Professorin für Wirtschaftspädagogik an der Universität Mannheim sowie Direktorin des Mannheim Institute for Financial Education (MIFE). Als Mitglied des SCHUFA- Verbraucherbeirats berät sie die SCHUFA beim Jugend-Finanzmonitor. In ihren Augen decken sich die Ergebnisse mit den Resultaten vergleichbarer Jugendstudien der vergangenen Jahre zur grundsätzlichen Werteorientierung. So zeichnete auch die Shell-Jugendstudie 2019 bereits ein Bild der jungen Generation, die sich an traditionellen Werten wie Familie, sozialen Beziehungen, Sicherheit und Tugenden wie Fleiß und Ehrgeiz orientiert und denen insbesondere auch die Beziehung zu ihren Eltern sehr wichtig ist. „Junge Menschen sind deutlich weniger rebellisch als oft vermutet, sie streben vielmehr nach Harmonie, Ausgleich und Zusammenhalt.“ Diese Bodenständigkeit in den Einstellungen zu Finanzthemen wertet die Expertin positiv: „Sie schafft gute Voraussetzungen, um die anstehenden Anforderungen zu lösen.“
Im Vergleich zeigt sich, dass die jungen Menschen zufriedener mit der eigenen finanziellen Situation sind als die Erwachsenen. Mit 88 Prozent gibt die große Mehrheit der Jugendlichen an, mit dem monatlich zur Verfügung stehenden Geld sehr gut oder gut auszukommen. Drei von vier befragten jungen Menschen sind mit ihrer derzeitigen finanziellen Situation alles in allem (sehr) zufrieden. In der Elterngeneration hingegen ist die Zufriedenheit mit der eigenen finanziellen Lage mit 63 Prozent auf dem historischen Tiefstand seit Beginn der Befragung im Jahr 2018 (76 Prozent).

Einschätzung zur beruflichen und finanziellen Zukunft - Generationenvergleich; Angaben in Prozent
Auch für ihre berufliche und finanzielle Zukunft sind die jungen Befragten recht zuversichtlich und sogar optimistischer als ihre Eltern. Einen auffälligen Rückgang gibt es allerdings bei der Zustimmung zu der Aussage „Ich werde auch in Zukunft einen gleich hohen oder höheren Lebensstandard erzielen können als die Generation vor mir“: Während 2020 noch 74 Prozent der 16- bis 25-Jährigen dieser Aussage zustimmten, tun dies 2023 nur noch 58 Prozent. „Während Herausforderungen wie der Klimawandel langfristig und weniger erfahrbar sind, spüren die jungen Menschen die Sorgen und Auswirkungen auf den Lebensstandard unmittelbar”, sagt Carmela Aprea. „Dies trübt den grundsätzlichen Optimismus, den junge Menschen aufgrund einer geringeren Lebenserfahrung meistens haben.“