Wiesbaden, 5. September 2023: Die Anzahl der neu abgeschlossenen Ratenkreditverträge im SCHUFA-Datenbestand ist 2022 von 7 auf 9,1 Millionen gestiegen: ein Plus von 30 Prozent. Gleichzeitig zeigt der Langzeittrend: Immer weniger Verbraucherinnen und Verbraucher haben immer mehr Kredite. Dies zeigen die Ergebnisse des SCHUFA Risiko- und Kredit-Kompasses, der das Kreditverhalten der Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland für das Jahr 2022 abbildet. Die Verbraucherinnen und Verbraucher schließen dabei zunehmend Kleinkredite ab. Rund 42 Prozent aller neu abgeschlossenen Ratenkredite in Deutschland sind mittlerweile Kredite unter 1.000 Euro. Diese legten 2022 um 90 Prozent von 2 auf 3,8 Millionen zu. Ein Großteil dieses Wachstums kann auf die Zunahme der „Buy Now Pay Later“-Angebote von Zahlungsdienstleistern im Online-Handel zurückgeführt werden.
Jüngere Menschen haben immer mehr Kleinkredite
Die Anzahl der zum 31. Dezember 2022 laufenden Kleinkredite unter 1.000 Euro ist im SCHUFA-Datenbestand vor allem in den jüngeren Altersgruppen von 20 bis 39 Jahren gestiegen. Hier lagen die Zuwächse bei über 50 Prozent. Am höchsten war das Wachstum im Alter von 20 bis 24 Jahren mit 58,5 Prozent.
Kaufe jetzt – zahle später insbesondere bei jungen Menschen beliebt
Von jüngeren Menschen wird besonders der kreditbasierte Kauf mit Hilfe von Online-Bezahldiensten im E-Commerce als einfach und bequem geschätzt. Einkäufe können innerhalb eines bestimmten Zeitraums oder in Raten abbezahlt werden. „Buy Now Pay Later-Angebote umfassen häufig Kleinkredite unter 200 Euro, die bislang meist ohne Bonitätsprüfung vergeben und damit auch nicht von der SCHUFA erfasst werden. Daher ist davon auszugehen, dass unsere Zahlen nur die Spitze des Eisberges wiedergeben“, warnt Ole Schröder, Vorstandsmitglied der SCHUFA Holding AG. Und das ist nicht ohne Risiko für Verbraucherinnen und Verbraucher: „Auch die Rückzahlung von vielen kleinen Krediten kann schnell zu finanzieller Überlastung führen. Die Nutzung von BNPL-Angeboten erfordert also von Verbraucherinnen und Verbrauchern ein gewisses Maß an Finanzkompetenz und Zahlungsdisziplin und von den Anbietern eine verantwortungsvolle Kreditvergabe“, ergänzt Ole Schröder.
Neue EU-Verbraucherkreditrichtlinie will noch besser vor Überschuldung schützen
Die neue EU-Verbraucherkreditrichtlinie sieht zukünftig auch bei BNPL-Produkten, Nullprozentfinanzierungen und Krediten unter 200 Euro eine verpflichtende Kreditwürdigkeitsprüfung vor. Die SCHUFA begrüßt die neue Richtlinie: „Mit der neuen EU-Verbraucherkreditrichtlinie wird eine Lücke bei Kleinkrediten geschlossen und Verbraucherinnen und Verbraucher können besser vor Überschuldung geschützt werden“, sagt Ole Schröder.
Auch mehr und höhere Kredite über 1.000 Euro
Neben dem deutlichen Anstieg an Kleinkrediten, ist erstmals seit zwei Jahren 2022 auch die Zahl der neu aufgenommenen Kredite über 1.000 Euro gestiegen – und zwar von 5 auf 5,3 Millionen. Während sich die Kredithöhe bei den Kleinkrediten verringert hat (von 398 auf 356 Euro), zeigt sich bei den größeren Krediten von 1.000 Euro und mehr eine gegenläufige Entwicklung: Die durchschnittliche Höhe der laufenden Ratenkredite ab 1.000 Euro lag zum 31. Dezember 2022 bei 17.630 Euro gegenüber 17.086 Euro zum Vorjahresstichtag. Die größeren Kreditvolumina stehen vermutlich im Zusammenhang mit allgemeinen Preissteigerungen.
Rückzahlungsverhalten insgesamt gut – aber leicht gestiegene Anzahl an Zahlungsstörungen
Trotz der Belastungen der vergangenen Jahre – die Corona-Pandemie, der russische Angriff auf die Ukraine, Inflation und Zinserhöhungen – zahlen die Menschen in Deutschland ihre Schulden sehr zuverlässig zurück. Wie in den beiden Vorjahren wurden auch im Jahr 2022 97,9 Prozent der Kredite ordnungsgemäß bedient.
Allerdings hat sich der Anteil der Personen mit ausschließlich so genannten weichen Negativmerkmalen von 4,7 auf 4,8 um 0,1 Prozentpunkt leicht erhöht. Weiche Negativmerkmale sind u.a. Zahlungen, die fällig, mehrfach angemahnt und nicht bestritten wurden. Dem gegenüber stehen harte Negativmerkmale, wie beispielsweise Informationen über ein laufendes Verbraucherinsolvenzverfahren.
„Vor allem in der zweiten Jahreshälfte 2022 konnten wir einen Anstieg der Personen beobachten, die zu diesem Zeitpunkt in finanzielle Schwierigkeiten gerieten und daraufhin Zahlungen nicht mehr leisten konnten. Dieser Anstieg ging zwar zum Jahresende wieder zurück, allerdings zeigen unsere regelmäßigen Verbraucherbefragungen auch, dass bei vielen Menschen die finanziellen Rücklagen mittlerweile aufgebraucht sind. Insbesondere bei den Geringverdienern ist die Lage angespannt“, erläutert Ole Schröder.
Der SCHUFA Risiko- und Kredit-Kompass
Der SCHUFA Risiko- und Kredit-Kompass untersucht seit 20 Jahren das Kreditverhalten der Menschen in Deutschland. Die Analysen basieren auf der empirischen Grundlage des SCHUFA-Datenbestands. Untersucht werden verschiedene Indikatoren zur Entwicklung der Kreditverpflichtungen, des Kreditverhaltens und des Rückzahlungsverhaltens der in Deutschland lebenden Menschen. Im Vordergrund stehen dabei Ratenkredite, die typischste Form der Konsumentenkredite. Hypothekarkredite und Leasingverträge sind hier nicht einbezogen. Ferner fließen die im SCHUFA-Datenbestand gespeicherten Daten aus öffentlichen Verzeichnissen wie den Schuldnerregistern der Amtsgerichte in die Datenanalysen ein. Der komplette SCHUFA Risiko- und Kredit-Kompass 2023 mit diesen und weiteren Auswertungen zum Kreditverhalten der Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland kann hier heruntergeladen werden. Aktuelle Zahlen zu Entwicklungen im Kredit- und Rückzahlungsverhalten von Privatpersonen und Unternehmen stellen wir online auf einem Dashboard bereit.